Dem Wellness Tourismus gehört die Zukunft
von Claudia Bette-Wenngatz
Die Amerikanerin Susie Ellis gehört zu den einflussreichsten Persönlichkeiten in der Spa- und Wellnessbranche: Als Präsidentin des Global Wellness Institutes GWI in Amerika beschäftigt sie sich mit weltweiten Trends und Entwicklungen und hat mit ihrer Energie und Zielstrebigkeit den jährlichen Global Wellness Summit zu einem „Davos der Wellnessbranche“ gemacht. Healing Travel erfuhr von ihr im Interview Erstaunliches über die Wellness-Welt.
Interview mit Susie Ellis
C. B-.W.Frau Ellis, wie können uns Spa- und Wellnesskonzepte helfen, schwierige Zeiten zu überstehen?
S. E.Wir legen viel mehr Nachdruck und Konzentration auf unser geistiges Wohlbefinden und auf unsere körperliche Gesundheit durch gesunde Ernährung, Bewegung, Stressabbau, Wege zu mehr Geselligkeit und gesundem Schlaf. Bei Spa- und Wellnesskonzepten geht es natürlich sehr stark um Selbstfürsorge, genau das, was in schwierigen Zeiten benötigt wird. Spa- und Wellnesskonzepte werden tatsächlich zum Leuchtfeuer für Menschen auf der ganzen Welt.
C. B-.W.Welchen Auswirkungen haben Krisen auf die weltweite Spa-Industrie?
S. E.Krisen haben einen großen Einfluss auf die Spa-Industrie, einige Auswirkungen sind unmittelbar zu erkennen, einige werden noch länger andauern. Einerseits gibt es in solchen Zeiten ein viel größeres Interesse daran, gesund zu sein, so dass all die Dinge, die Spas anbieten, wichtiger denn je sind: der Aufbau eines starken Immunsystems, widerstandsfähiger zu werden, zu lernen, optimistisch zu sein, sich gesünder zu ernähren, besser zu schlafen, etc. Dies dient dazu, das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wichtig Wellness ist und Spa-Aufenthalte so attraktiv und vorrangig macht. Inzwischen hat es ja auch einen bemerkenswerten Anstieg der virtuellen/digitalen Wellness gegeben.
C. B-.W.Was sind Ihrer Meinung nach die interessantesten Post-Covid-Wellness-Trends?
S. E.Es wird jetzt schon mehr Gewicht auf den Aufbau der Immunabwehr gelegt. Außerdem wird immer mehr Wert auf gesunde Lungen sowie Mund- und Nasenatmung und Atemarbeit gelegt. Ein Beispiel dafür ist James Nestors Buch Breath – das sofort die NY Times Bestseller-Liste erobert hat.
Ein weiterer interessanter Trend ist, was wir bereits in den Top 10 Wellness-Trends vorhergesagt haben: das Wellness Sabbatical. Schon vor COVID sahen wir, dass die Leute mehr Zeit an einem Ort verbringen, an dem sie einen gesunden Lebensstil führen können – wie z.B. in einem Spa Resort oder Destination Spa oder sogar beim Camping oder Wandern. Das ist ein Lebensstil, der Wellness-Interessierten eine größere Chance gibt für eine langfristige, erfolgreiche Änderung der Lebensweise. Das heißt, dass die Menschen sich anstatt kurzer Wochenendtrips für ein „Wellness-Sabbatical“ entscheiden und an einem Ort für etwa 3-4 Wochen bleiben. Dies spiegelt wider, was man eine „Kur“ nennen könnte. Einer der Gründe für den Erfolg ist, dass das Internet praktisch überall verfügbar ist, so dass jeder sich in einem Sabbatical wohlfühlen kann und wenn nötig trotzdem mit der Familie oder der Arbeit verbunden ist.
Die Tatsache, dass COVID auch längerfristig zu einer massiven Verlagerung zur Heimarbeit geführt hat, ist eine große Chance für die Hotelindustrie, um ungenutzte Räume als Heimarbeitsplätze ‚home away from home‘ zu vermarkten oder als ‚Arbeit in Residence‘. Das ist das Nonplusultra: die Kombination von Business und Leisure, auch Bleisure genannt. Dieser Trend, der bereits Wurzeln schlägt, kann mit Wellness noch erfolgreicher werden.
C. B.-W.Sie sind jetzt schon 17 Jahre lang Vorsitzende und CEO des Global Wellness Instituts. Worauf waren Sie in dieser Zeit besonders stolz und was ist ihr Schwerpunkt für die Zukunft?
S. E.Ich denke, dass wir in unserer Geschichte das Thema Wellness auf die Landkarte gesetzt haben. Wir haben die Selbstfürsorge ins Gespräch eingebracht, wo es noch vor 10-15 Jahren nur um die Gesundheitsfürsorge ging.
Damals benutzten nur sehr wenige Menschen den Begriff Wellness und der Durchschnittsbürger konnte mit Prävention wenig anfangen. Wir stellten das Konzept der globalen Wellness-Wirtschaft vor und haben bewiesen, dass die 10 Sektoren der Wellness-Wirtschaft auf über 4,5 Billionen Dollar geschätzt werden. Diese 10 Sektoren beinhalten körperliche Aktivität, Ernährung und gesundes Essen, thermische und mineralische Quellen, Spas, Wellness-Tourismus, Wellness-Immobilien, Schönheit und Anti-Aging, Komplementär- und Alternativmedizin, Wellness am Arbeitsplatz und geistiges Wohlbefinden.
Der Schwerpunkt für die Zukunft wird sein, mehr Menschen dazu zu bewegen, Wellness zu praktizieren – sie als Selbstfürsorge zu verstehen und als wichtigen Teil ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens. Wir können uns nicht mehr nur auf das Gesundheitssystem verlassen.
Ich denke, die größte Herausforderung für die Zukunft besteht darin, den Menschen dabei zu helfen, ihren Lebensstil langfristig zu ändern. Das ist nicht so einfach. Zu wissen, was zu tun ist, ist nicht genug. Es zu tun, ist der Schlüssel.
C. B.-W.Sie sind jetzt schon 17 Jahre lang Vorsitzende und CEO des Global Wellness Instituts. Worauf waren Sie in dieser Zeit besonders stolz und was ist ihr Schwerpunkt für die Zukunft?
S. E.Nachdem ich mein ganzes Erwachsenenleben lang in der Wellness-Branche verbringe und viel reise, wurde mir bewusst, dass es keine globale Veranstaltung gab, die führende Persönlichkeiten aus der ganzen Welt zusammenbringt. Und seitdem ich ein paar Mal am Weltwirtschaftsforum in Davos teilgenommen hatte, hielt ich das für ein gutes Modell.
C. B.-W.Was bedeutet Wellness-Tourismus für Sie persönlich und welche Entwicklung haben Sie in den letzten Jahren gesehen?
S. E.Wenn Menschen reisen, ist ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden ein wichtiger Teil dessen, was sie erfahren und verbessern wollen. In Zukunft wird der Prozentsatz von Wellness-Reisen weiter zunehmen. Während bisher nur etwa 11% der Reisen primäre Wellness-Reisen waren, wird diese Zahl steigen. Die meisten Länder sehen Wellness-Tourismus als Einkommensquelle, mehr Unternehmen erwarten, dass ihre Mitarbeiter sich auch auf Reisen um ihre Gesundheit kümmern.
Wellness-Tourismus wurde früher von niemandem in Betracht gezogen. Dies hat sich definitiv geändert. Länder wie Indien haben den Wellness-Tourismus zuerst aufgenommen. Yoga-, Meditations- und Ayurveda-Retreats unterschieden sich vom Medizintourismus, einem Segment, das zu dieser Zeit stärker definiert war. Inzwischen sprechen die meisten Länder von Wellness-Tourismus, weil sie erkannt haben, dass er eine gute Einnahmequelle ist. Natürlich hat jedes Land eigene Praktiken, die den Menschen helfen, gesünder zu bleiben oder zu werden. Daher ist diese Förderung für Regierungen und Hotellerie wichtiger geworden und das wird sich fortsetzen.
Was Reisen betrifft, steht auch die Natur im Fokus. Die Menschen sehnen sich danach, so dass Wellness-Tourismus immer mehr mit der Natur verbunden sein wird. Waldbaden ist ein gutes Beispiel dafür.
C. B.-W.Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren ein starker Trend in der Luxushotellerie: Glauben Sie, dass sich die Industrie noch stärker darauf ausrichtet und was werden die Hauptanliegen sein?
S. E.Das Klima wird immer mehr zu einem Faktor, Nachhaltigkeit ist ein Thema bei vielen Unternehmen, Regierungen und im individuellen Leben. Wellness und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand: Man kann nicht gesund sein, wenn der Planet es nicht ist, wenn die Luft, die Sie atmen oder das Wasser, das Sie trinken nicht gesund ist, werden Sie auch nicht gesund sein.
Ich denke, das Hauptanliegen wird die gesunde Luftqualität sein. Die WHO sagt, dass 90% der Luft, die Menschen einatmen, nicht dem Standard entspricht und weil Millionen Menschen jedes Jahr an den Folgen der Luftverschmutzung sterben, gibt es keinen Zweifel, dass dies noch mehr beachtet werden muss.
C. B.-W.Können Sie uns etwas über Ihre bevorzugten Spa-Konzepte sagen und warum sie Ihrer Meinung nach außergewöhnlich gut funktionieren?
S. E.Ich denke, dass eines der erfolgreichsten Spa-Konzepte der Welt Langzeitaufenthalte sind, weil die Verführung zum Ungesunden minimiert wird und eine Änderung des Lebensstil nahezu mühelos möglich ist. Danach suchen die Menschen. Nach einer schönen Umgebung mit passender Unterkunft, wo es ausgezeichnetes, gesundes Essen, außergewöhnliche Körper- und Gesichtsbehandlungen ebenso gibt wie Angebote zur mentalen Wellness. Ich denke dabei an Vana in Indien, die Sha Wellness Clinic in Spanien, Chiva-Som in Thailand, die Six Senses Resorts auf der ganzen Welt – all diese Spa-Konzepte sind wirklich außergewöhnlich. Ich kann es kaum erwarten, weiterhin wunderbare Orte zu besuchen, von denen ich weiß, dass ich meinen Computer mitbringen kann, einige Arbeiten erledige und mich gleichzeitig auf die Verbesserung meines gesunden Lebensstils konzentriere.
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